Flauschiger Urlaub

„Ich fahre nirgendwohin mit diesen Katzen und bestimmt nicht nach Kroatien“, behauptete mein Mann mit fester Stimme.

„Ja, aber wir haben doch keinen, der sie zwei Wochen lang füttern kann. Weißt du, wenn man eine Reise drei Tage vorher plant…“

„Aber hast du schon vergessen, was die zwei beim Umzug veranstaltet haben?“

In der Tat, das würde ich nie vergessen. Eigentlich waren unsere Katzen immer brav. Na ja, fast brav. Denn die drei Minuten Autofahrt zum Tierarzt hatten sie immer gut überstanden. Und genau drei Minuten, nachdem wir damals losgefahren waren, fing das Theater an.

Die drei saßen hinten: meine Tochter, der Kater und die Katze. Zuerst erklärte der Kater laut und deutlich seine Meinung über das Auto, die Tragetasche und die Tatsache, dass er gegen seinen Willen hier sitzen musste, und, ich glaube, etwas noch über Katzenrechte. Die Katze und meine Tochter stimmten ihm zu, konnten aber nicht helfen. Und der Kater geriet in Panik. Er miaute pausenlos und versuchte mit den Krallen die Tragetasche zu öffnen. Die Katze konnte das nicht ausstehen und miaute kläglich. Meine Tochter versuchte die zwei so gut sie konnte zu beruhigen. Ohne Erfolg. Abgesehen von einigen blutigen Kratzern. Eine gute Stunde, während ich mich auf den Verkehr konzentrieren versuchte, schrien alle drei um die Wette. Doch, als der Kater die Tragetasche vollgekackt hatte, gewann meine Tochter mit Abstand in der Lautstärke.

Sollen wir nur wegen den Katzen auf den Urlaub zu verzichten? Das wäre einfach zu schade. Ich überlegte.

„Ich rufe den Tierarzt an“, sagte ich schließlich. „Bestimmt hat er Schlaftabletten, so wie bei «Madagaskar», weißt du.“

Schon am gleichen Tag ging ich zum Tierarzt. Und musste mir eine halbe Stunde seine Belehrungen anhören, wie gefährlich solche Tabletten sind. Hm, in Madagaskar hatten sie es über den halben Ozean geschafft. Eigentlich brauchte ich genau das gleiche. Aber nach Hause kam ich mit super natürlichen Beruhigungsmitteln: etwas aus Muttermilch irgendeiner ruhigen Ziege und Cannabistropfen.

Dass dieses Ding aus Ziegenmilch unserem Kater helfen würde, glaubte ich genauso wenig wie an Homöopathie. Vielleicht machten meine Chemiekenntnisse es schwer zu glauben…

Der Kater hatte natürlich keine Chemie studiert und galoppierte die restlichen zwei Tage genauso lebhaft im Haus herum wie ohne Mittel. Es blieb nur die Hoffnung, dass die Cannabis-Tropfen wirken würden. Laut dem Arzt dürften wir auch einige einnehmen, wenn es auf dem Weg zu schlimm wird. Haha. Ich war bereit, sie mir schon jetzt zu tropfen, wenn nur das Fläschchen nicht so winzig klein wäre.

Am frühen Morgen saßen wir vollbepackt und mit der Dreier-Truppe am Rücksitz im Auto. Diesmal wartete der Kater keine drei Minuten. Trotz der Milch der ruhigen Ziege miaute er gleich beim ersten Motorgeräusch. Na gut. Ich holte ihn aus seiner Tragetasche, öffnete das Maul und ließ einen Cannabistropfen hineinfallen. Der Kater leckte seine Lippen und schwieg nachdenklich. Hoffnungsvoll packte ich ihn schnell zurück und wir fuhren los.

Das Grübeln war leider nicht seine Stärke und weniger als fünf Minuten später miaute er schon wieder. Oder wollte er noch mehr Cannabistropfen haben?

Um ihn abzulenken, gab ich ihm die Katzenleckerlis, die er im Sekundentempo verschluckte, und dann miaute er noch lauter. Ich erinnerte mich sofort an unsere früheren Erfahrungen und bat meinen Mann, auf dem nächsten Parkplatz anzuhalten. Der war an der Autobahn, direkt nach der ersten Auffahrt.

Ich trug die Katzentasche auf den Rasen und öffnete den Reißverschluss. Der Kater schaute mich an, als wäre ich geisteskrank, und blieb in der Tasche sitzen.

„Kater, ich meine das ernst. Komm raus und mach deine Geschäfte hier.“

Ich zog ihn an seiner Leine, aber er stemmte sich mit allen Pfoten in die Tasche. Mit großer Mühe holte ich ihn raus und stellte ihn ins Gras am Rand des Parkplatzes.

Meine Tochter ging in der Zwischenzeit mit der Katze an der Leine den Zaun entlang spazieren. Die Katze schnupperte neugierig herum und warf verwunderte Blicke auf den Kater, der mit weit aufgerissenem Maul im hohen Gras lag und sich nicht vom Fleck rührte.

Mein Mann stampfte nervös um uns herum und meckerte, dass wir mit solchem Tempo drei Tage nach Kroatien brauchen würden. Na schön. Ich tropfte dem Kater noch einen Tropfen, stupste ihn in seine Tragetasche und wir fuhren weiter.

Die Droge schien zu wirken. Der Kater schwieg. Ich entspannte mich und sah zu, wie die Sonne langsam am Horizont erschien. Und da fing er sein Lied von vorne an. Ich stöhnte. Mein Mann knirschte mit den Zähnen und brummte etwas über Fleischpflanzerl aus Katzen. Ich hoffte, er meinte das nicht ernst.

Auch die Katze wurde unruhig und miaute kläglich. Man brauchte nicht die Katzensprache zu beherrschen, um zu verstehen, was sie meinte: Helft dem armen Kater. Sofort. Ob die Katze mehr wusste, als ich? Ich stellte mir das Horrorszenario vor, wie wir mit dem stinkenden Kater noch zehn Stunden im Auto in der Sommerhitze zusammen brühen würden. Ja, schon gut.

Diesmal hatte der Kater Pech. Der Parkplatz war klein und voll. Ich schüttelte ihn energisch auf das winzige Stück Gras zwischen all diesen Leuten, brummenden Lkws und Autos, die hin und her auf der Autobahn vorbeifuhren, und nahm die Tragetasche weg. Mit kugelrunden Augen und dem Bauch am Boden sauste er plötzlich zu dem Baum, der einsam neben ihm stand. Wenn nicht die kurze Leine gewesen wäre, hätten wir bestimmt die Feuerwehr rufen müssen. Ich nahm den Kater runter und setzte ihn ins Gras. Blitzschnell kletterte er wieder auf den Baum. Nach dem dritten Versuch gab ich auf und stellte ihm seine Tasche zurück. Ich bin mir sicher, wenn er gekonnt hätte, hätte er bestimmt auch den Reißverschluss hinter sich zugemacht. Ich trug ihn ins Auto.

Dort drehte der Kater uns in seiner Tasche den Rücken zu und schwieg den restlichen Tag. Hatte er meine guten Absichten als Strafe für sein Miauen verstanden? Oder war die Angst vor der Autobahn größer als vor unserem Auto? Es war uns egal. Wir ließen ihn bei seiner Meinung und genossen einfach unsere Reise.

In der Ferienwohnung waren die Katzen sich zum ersten Mal einig und versteckten sich sofort unter unserem Bett. Nur am Abend krochen sie endlich hervor und gingen auf Entdeckungstour. In den vier Wänden fühlte sich der Kater schnell sicher. Nach mehreren Runden landete er auf dem Sofa im Wohnzimmer und schlief ein. Der Katze war die Umgebung noch nicht so vertraut. Mit vorsichtigen Schritten suchte sie die Wohnung ab und sah plötzlich den Koffer, den mein Mann auf dem Kleiderschrank platziert hatte. Ein traumhaftes Nest! Die Katze sprang auf den Heizkörper und von dort auf den Schrank, kratzte mit ihren Krallen an der glatten Oberfläche des Schranks… und fiel herunter.

„Arme Katze!“, rief meine Tochter und wollte sie trösten. Doch, die Katze löste sich von ihr und sprang auf den Heizkörper zurück. Erst nach dem vierten Versuch gelang es ihr, auf den Schrank zu klettern, und sie presste sich glücklich zwischen Koffer und Zimmerdecke.

Wir hatten die Katze schon längst vergessen, als wir ein klägliches Miauen hörten. Das Problem war, wie die Katzen es oft haben, herunter zu kommen. Natürlich war sie so weit oben, dass sogar mein Mann sie nicht fassen konnte. Also nahm er den Koffer runter, samt Katze. Wir alle hielten den Atem an, aber ihr schien der Aufzugservice gut gefallen. Mein Mann hätte die Katze sicher für den ganzen Urlaub auf dem Koffer runtertragen müssen, wenn nicht der Kater gewesen wäre, der ihn am nächsten Tag gerettet hätte.

Mit einem Schwung gelangte dieser arrogante Schnösel auf den Schrank und zum Staunen der Katze sprang er sofort wieder herunter, direkt auf unser Bett. Wie im Zirkus drehte er ein paar Runden vor der Katzennase und stolzierte davon. Nach langem hin und her landete auch die Katze auf unserem Bett. Leider freuten wir uns zu früh.

Ich dachte, es wäre ein Erdbeben, als der Kater mitten in der Nacht mit seinem ganzen Gewicht vom Schrank auf meine Beine plumpste. Aua! Halbwach sprang ich aus dem Bett und sah den Kater, der sich von mir in die Küche rettete. Ich schimpfte ihn ordentlich aus, fiel wieder ins Bett und schon im Schlaf hörte ich, wie er wieder auf dem Schrank landete, um seinen Nachtsport fortzusetzen.

Am nächsten Tag, als ich todmüde die Sachen für den Strand packte und den Kater verfluchte, flatterte plötzlich aus meinem Badetuch ein überdimensionaler Schmetterling, so groß, wie eine Fledermaus. Ich schrie auf und wollte meinen Mann holen, aber der Kater schnappte ihn sich als erster. Knurrend rannte er durch die Wohnung und wusste nicht, was er damit anfangen sollte. Igitt! Ich und meine Tochter retteten uns in ihr Zimmer, während mein Mann hinter dem Kater herrannte und versuchte, ihm diese gigantische Motte weg zu nehmen, damit er nicht die ganze Wohnung mit ihr vollschmierte.

Den Verlust der Motte nahm der Kater ernst und äußerte seine Meinung – in unser Bett. Also wusch ich von Hand alles: die Decke, den Bettbezug, die Unterlage und schwor, dass dies das erste und das letzte Mal war, dass ich die Katzen in den Urlaub mitnahm.

***

Tage später, als unsere Tochter schon im Bett schnarchte und die Katze an sich drückte, saßen wir mit einem Fläschchen Rotwein im Wohnzimmer und schauten einen Film. Von einer Seite kuschelte sich mein Mann an mich und von der anderen dehnte sich der Kater und schnurrte wie ein Helikopter.

Mein Mann kraulte ihm hinter dem Ohr.

„Morgen sollten wir wieder mit dem Beruhigungsmittel anfangen“, sagte er nachdenklich.

„Ja, stimmt.“ Der Urlaub neigte sich leider dem Ende zu. „Und wenn wir losfahren, sollen wir nicht vergessen, mit dem Kater gleich an der Autobahn spazieren zu gehen…“, sagte ich.

Wir kicherten und stießen an.

Foto: Maja Lilac

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