Notizen des Jägers

von Ekaterina Orlova

Was brachte mir Taiga bei? Viel Spaß!? Nicht nur. Es war der 30. Tag meiner Jagd. Der 10. Dezember. Ich stand früh auf, um 20 km meines Reviers zu durchqueren.

Da mein Jagdgebiet 800 Quadratkilometer umfasste, musste ich immer unterwegs sein. Zum Lagern von Vorräten hatte ich eine kleine Hütte und zwei, im Sommer an verschiedenen Stellen im Revier aufgestellte Zelte. 

Alles, was ich für die nächsten fünf Tage benötigte, wurde eingepackt. Ein Pferd wurde gefüttert und gesattelt. Es war sehr robust. Es gehörte zu der jakutischen Rasse mit kompaktem Körperbau und im Widerrist nur 150 Zentimeter. Selbst im Winter kann sich diese Rasse vom Gras unter dem Schnee ernähren und es mit ihren Hufen freischaufeln. Vor allem kann es Kälte gut ertragen, sogar bis – 60 Grad. 

Traditionell begleiten Hunde jeden Jäger. Meine westsibirischen Laiki hießen Fox und Chak. Nachdem ich den Rudelführer an den Pferdeschweif gebunden hatte, konnte ich aufbrechen. Während solcher Reisen machte ich normalerweise keine Rast, um Zeit und die Kräfte zu sparen. Das Pferd wurde müde und ging langsamer. Es dauerte gute sechs oder sieben Stunden. Zusätzliche Pausen machten es nur noch langsamer. 

Es war ein sehr langer Tag. Hinter mir lagen 19 km.

Inzwischen war es dunkel geworden.

“Ich muss mich beeilen” – sagte ich zu mir. 

Endlich kam ich zu meinem Zelt. Nachdem ich drinnen den Ofen angeheizt hatte, stellte ich den Wasserkocher darauf. Draußen über dem Feuer kochte ich einen Getreidebrei für die Hunde. Fleisch besorgten sie sich selber, indem sie Rebhühner oder Mäuse erlegten. Dann sattelte ich das Pferd ab und ließ es sich erholen. Später würde es etwa 300 Meter entfernt weiden können. Zwischendurch packte ich meine Sachen aus und bereitete alles für den nächsten Tag vor. Schließlich waren alle satt und bereit für die Nacht. 

Die Hunde schliefen draußen. Sie bellten nicht, was sehr selten war. Vielleicht waren sie auch so erschöpft wie ich. 

“Es ist gut”, dachte ich im Bett liegend. “Einen erholsamen Schlaf können wir alle jetzt brauchen. Wir müssen uns für morgen erholen”.  

Ein Heulen riss mich aus dem Schlaf. Ich richtete mich auf und lauschte. Es waren Wölfe! Jedes weitere Heulen ging mir durch Mark und Bein. Dann meldete sich mein Instinkt: Angst um mein Leben. Ich spürte nur, wie Kälte mir den Rücken hochstieg. Mit jedem neuen Heulen kam das Heulen näher. Es schien, als ob die Wölfe hier neben dem Zelt waren. Meine Nackenhaare richteten sich auf.

“Fox, Chak!”, rief ich meine Hunde. Statt einer Antwort war nur Schweigen.

Nach einer kurzen Weile kam mir, dass mir nichts droht. Mit dem Gewehr und Patronen bin ich sicher. Zudem fallen Wölfe den Menschen hier nicht an, da Jäger immer eine Waffe dabei haben.  

Mein Pferd war aber nicht in Sicherheit. Das Heulen bringt nichts Gutes mit. Mithilfe des Heulens unterhalten sich die Wölfe untereinander oder erschrecken ihre Beute und bringen sie damit in Bewegung. 

“Sie jagen!”, fiel mir ein.

In meinem Kopf formten sich Gedanken, was ich ohne Pferd machen würde. Ich bin 20 km von der Hütte entfernt, 60 km vom ersten Dorf, indem 15 Einwohnern lebten und wo mein Auto stand. Mit dem Pferd war ich für diese 60 km zwei Tage unterwegs. Meine Ausrüstung wog 30 kg. Die Schneedecke war 50 cm hoch. 

Die Hunde schwiegen noch immer. Ob ich warm genug gekleidet war, überlegte ich nicht. Ich zog nur meine Stiefel an. Fluchend ergriff ich das Gewehr und lief raus. Ich sah mich um und war auf alles vorbereitet.  Es war eine helle, kalte Nacht. -40 Grad. Durch den hellen Mond war alles gut sichtbar. Ich schoss ein paar Mal in die Luft und lauschte. Es wurde leise. Der Frost biss in meine Nase. Ich ging wieder ins Zelt.

Am Morgen habe ich die Spuren der Wölfe gesucht. Ich fand sie. Drei Kilometer entfernt.

Foto: www.pixabay.com

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