Wenn ich tanze

Ich fange immer mit meinen Haaren an. Ich nehme alle Strähnen und mache einen Pony. Ich versuche als Erstes, dass alle Haare glatt sind und danach mache ich einen Haarknoten, der ich mit Haarnadel und einen Blumenkamm sichere.

Ich liebe dieses bunte Make-up. Ich mag es, die gleichen Farben meines traditionellen Kostüms auch in den Augen zu tragen. Ich nehme das Blau und mache ein “V” in der Ecke meines Augenlids, das Goldgelb in der Mitte und beende alles mit „Eyeliner“, künstliche Wimpern und helle Lidschatten auf dem unteren Lid. Dies ist ein Trick, um große Augen auf der Bühne zu zeigen.

Danach „Blush“ und „Highlighter“, die Ohrringe; manchmal goldene Kreolen und etwas Besonderes um den Hals: ein schwarzes Satinband mit einem Kreuz.

Die Bluse hat tausende bestickte Pailletten, die Blumen und grünen Blätter formen. Ich ziehe zuerst die Bluse an, später den Unterrock und die Schuhe; schwarz mit einem feinen Gürtel und kleinen Absatz, ideal zum Tanzen. Am Ende der Rock.

Der traditionelle Rock aus dem nördlichen Gebiet des Landes ist lang, bis zu den Knöcheln und hat drei Streifen mit bunten Farben. Meiner ist blau, orange und grün. Der Stoff ist seidig, aber so schwer. Er wiegt mehr als 10 Kilo und hat fast 20 Meter Stoff.

Ich bin vorbereitet und schon auf der Bühne. Ich tanze Folklore Musik, seit ich acht Jahre alt war. Es ist egal, ob ich vor vielen Leuten oder einer kleinen Gruppe in einem Altenheim tanze, ich fühle mich immer nervös. Aber es ist eine wunderschöne Nervosität, wie man sich fühlen sollte, bevor man geboren wird.

Die Musik ist zu hören und ich fange zu tanzen an wie eine verrückte Patientin, die seit Tagen eine Zwangsjacke trägt. Sofort bewege ich mich mit aller Energie, weil die Noten der Musik mich beherrschen. Ich verändere mich mit der Musik, ich bin keine normale Frau mehr. Ich bin eine Tänzerin. 

Mit Rhythmus und Kadenz bewegt sich dieser schwere Rock wie Schmetterlingsflügel. Ich lache und flirte mit meinem Tanzpartner, der manchmal laut schreit:“uiip, uiiip, uiippipia“. Es ist ein unvergessliches Fest.

Und sofort bin ich noch mal dieses achtjährige Mädchen, das nach der Schule in die Gemeindehalle ginge, um tanzen zu lernen und sprachlos erstaunt zum ersten Mal eine Marimba hörte.

Diese einzigartige Musik, auf trockenen und glatten Holzstücken gespielt, gab mir Sinn.  Diese Tasten aus verschieden Größen geben Noten frei, von feinen Melodien bis zu starken Gefühlen, die zusammen Rhythmus und Kultur sind; der Gesang unserer Urväter.

Und wenn die Marimbamusik überall ist, höre ich auch den Ochsenwagen meines Großvaters, der gegen die Steine des Weges fährt. Ich sehe Kaffeeplantagen,  Bauern mitten in der nördlichen trockenen Tiefebene mit ihrem Vieh, die Papageien hoch im Himmel, der ruhige Strand, Pelikane, die wie Schüsse in das Meerwasser versinken, die Sonnenuntergänge, Reis mit Kokosmilch in der karibischen Küste, Wasserfälle, Faultiere, Regen und nasse Erde, Flüsse, die Berge in meinem Dorf, den Nebel vor den Gipfeln nach einem Regenschauer.

Und ich tanze weiter und meine Füße sind leicht und beweglich. Ich fühle die Magie meines Kostüms, die Farben und die Festlichkeit, die Blumen in meinen Haaren und plötzlich die Marimbamusik, es bedeutet alles, was ich liebe, alles was für mich vital ist, essenziell.

Ich betrachte die beide Männer, die die Marimba spielen; wie synchronisiert und schnell sie mit den Schlägeln jedes Holzstück schlagen. Mit Leichtigkeit und vielleicht unbewusst bauten wir, was wir als Menschen sind, auf den Ausdruck „Pura Vida“ (Pures Leben), für den wir in der ganzen Welt bekannt sind. Am Ende bauten sie auf, was ich heutzutage bin.

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