In Peking wohnte ich allein und arbeitete jeden Tag bis 8 Uhr abends. Am Samstag musste ich auch ins Büro. Die Firma boomte zwar, aber es fehlte an Angestellten. Die laute Stadt ärgerte mich und der Stress macht mich kaputt. Meine Wohnung war so klein wie ein Käfig. Am Wochenende lief ich durch die Stadt, bis ich das Haus fand.
Sonntags nahm ich mein Fahrrad, steckte Proviant ein und besuchte das Haus von Madame Song. Als ich an den Shi-Shao See kam, musste ich über eine Brücke der Mondsichel durchqueren. Dann fuhr ich am See entlang, und wenn ich rechts abbog, war da das Haus. Vor der roten Tür standen zwei Steinlöwen. Eine Mauer aus grauem Ziegelstein umgab das ganze Haus. Wenn ich über die Türschwelle und hinter die Schattenwand ging, umarmte mich Ruhe. Die Mauern trennten die Welt in zwei. Madame Song, die Frau des berühmten Sun Ya-sen, dem Gründer von Guo Ming Dang, ist seit langem gestorben. Jedoch hinterließ ihre Seele die Spur in der Luft.
Ich ging immer sofort in den hinteren Garten. Die Tür hatte die Form des Vollmondes. Wenn ich von der Ferne durch diese Tür schaute, war es drinnen wie in einem chinesischen Bild. Die Weiden waren der Hintergrund und dazwischen blühten Pfingstrosen mit einem erfrischenden Duft. Ein verwinkelter Steinweg führte in die Tiefen des Gartens. Einige rote Banken standen verstreut auf dem Rasen, ich setzte mich auf eine und las mein Buch. Die Sonne schien auf mich herab und ihr Schatten malten verschiedene Bilder auf die Wiese. Wenn eine Brise wehte, raschelten die Blätter. Dann öffnete ich mein Sandwich aus meiner Brotbüchse und dachte an Madam Song und ihre Schönheit. Alle meine Sorgen verschwanden in dem Schweigen des Hauses.
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