Ich sitze mit beiden Füßen auf dem Hocker und helfe meiner Oma, gekochte Karotten und Kartoffeln zu schälen. Ich bin sieben. Oma macht für mich meinen Lieblings-Salat. Dazu muss man zuerst alles kochen: Karotten, Rote Bete, Kartoffeln und dann alles schälen. Kartoffelstücke kleben an meinen Fingern. Ich nehme lieber eine Karotte. Sie ist nicht nur leicht zu putzen, sie ist auch noch süß und lecker. Heimlich stecke ich mir eine gute Hälfte in den Mund. Oma merkt es trotzdem und schimpft ordentlich. Sie hat schon ohnehin zu wenig Karotten für den Salat. Warum meine Oma nicht eine oder zwei Karotten extra für mich kocht, stelle ich nicht in Frage.
Ich bin zwanzig und nur 162 cm groß. Liegt das an Karottenmangel, an dem ich als Kind immer gelitten habe? Ich sitze auf dem Hocker in der Küche und helfe meiner frischgebackenen Schwiegermutter Salzgurken für den Vinegret zu schneiden. Mein Lieblingspart. Die Hälfte jeder Gurke landet in meinem Mund.
Hm… Eigentlich bin ich eher gewöhnt, diesen Salat mit marinierten Gurken zu machen. Aber hier habe ich nicht das Sagen. Die liebe Schwiegermutter schneidet auch rohe Zwiebeln und sogar zwei Knoblauchzehen. Selbstverständlich habe ich ihr nicht einmal gesagt, dass ich sie nicht esse. Und ich wage auch nicht, ihr das jetzt noch zu sagen. Ich mische alles brav mit einem großen Löffel zusammen und gieße reichlich Sonnenblumenöl hinein. In der Küche erscheint ihre Schwester, Tante Ludmila, und meint, dass wir Erbsen aus der Dose vergessen haben. „Ich tue mindestens eine Dose rein“, sagt sie aber meine Schwiegermutter schiebt sie aus der Küche. Der Vinegret ist schon fertig.
Foto: Maja Lilac