Die Haare und der magische Ort, den man nie zwei Mal besuchen soll

Es war schon dunkel. Ich ging einen schmalen Kiesweg entlang. Eine leichte Brise vom Meer roch nach warmen Kieferharz und süßen Blumen. Seltene Straßenlaternen versteckten mich zwischen den mächtigen Palmen und führten mich hoch zu einem Berghotel, das mich mit seinen Lichtern und energischer Tanzmusik anzog.

Zu Hause würde man mir nie erlauben, allein in der Nacht einen fremden Ort zu erkundigen, aber ich war mit meiner Tante hier. Die Musik wurde immer lauter. Ich näherte mich einer Tanzfläche und musste blinzeln, als ich aus dem Schatten trat. Ich blieb am Rand stehen und betrachtete die Leute, die sich im Takt bewegten. Überraschenderweise waren hier zwischen den jungen Leuten auch viele alte Menschen. Eine Blonde, so Mitte vierzig im roten Kleid, eine noch ältere Dame mit einer komischen, unbewegten Frisur, die einer Perücke ähnelte. Zwei alten Herren in gebügelten Hosen, die neben den Damen hüpften und vor Freude lachten. Und direkt hinter ihnen kicherten zwei Mädchen meines Alters und wedelten plump mit den Armen.

Es schienen hier alle Klischees gebrochen zu sein. Ich spürte die Freiheit, die von diesem magischen Ort strömte und mich beflügelte… Ich atmete tief ein und bemerkte einen Jungen in der Mitte der Tanzfläche. Seine langen braunen Locken tanzten wild ihren eigenen Tanz. Er war allein. Wie hypnotisiert, beobachtete ich ihn. Aber die Musik rief nach mir.

Ich machte einen kleinen Schritt, dann den zweiten und schon bewegte sich mein Körper von allein. Mein weißes Kleid leuchtete wie ein Stern. Ich tanzte näher und näher zu dem Jungen, bis unsere Blicke sich trafen. Ich lächelte ihn an. Er lächelte zurück. Und bald verschlingen sich meine langen blonden Haare mit seinen braunen, um einen eigenen wilden Tanz zu tanzen.

Als ich wieder an den Ort zurückkehrte, war ich schon über zwanzig und verheiratet. Die Palmen waren zwar wie immer grün und das Meer blau. Aus dem Berghotel tönte wie immer die Musik. Nur die Magie, die ich in Erinnerung hatte, spürte ich nicht mehr. Und wie die Farben unter der Sonne verblasste langsam das Bild des Jungen mit lockigen Haaren in meinem Herzen.

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