Was ich einmal verloren habe

Ich habe mich auf meinen österreichischen Sommer gefreut. Ich kenne das kleine Hotel und das Dorf seit langem. Die großen Berge begrüßen mich schon von der Ferne. Sie haben ihren Wintermantel ausgezogen und sind ganz in Grün gekleidet. In meiner freien Zeit sitze ich auf der Terrasse und lasse mich von der Sonne wärmen. Der Sommer in Tirol ist ruhig. Man hört nur die Glocken der von den Bergen herabtrampelnden Kühe. Es gibt keine klopfenden Skischuhe mehr, die Lokale in der Nachbarschaft sind nicht mehr von singenden und lachenden Gästen laut. Jetzt steht nur ein junger Kellner am Eingang herum und zündet eine Zigarette nach der anderen an. Manchmal verschwindet er für kurze Zeit, serviert eine Tasse Cappuccino den wenigen Sommerurlaubern, dann raucht er weiter.  Die idyllische Ruhe eines kleinen Dorfes. Die Ruhe, die ich immer beklemmender finde.

Ich behalte mein Handy bei mir, das ist meine einzige Verbindung zu meinen Freunden und Familie. Daran klammere ich mich. Ich verstecke es sogar in meinem Dirndl, wenn ich arbeite und breche damit die Hausregeln. Bevor ich schlafen gehe, lese ich die Nachrichten von meinen Freundinnen, lache über die witzigen Stories und stelle mir vor, wie schön es wird, zusammen in unserem Lieblingsrestaurant zu sitzen, einen trockenen Wein zu trinken und zu besprechen, was in unserer Stadt passiert. Aber ich muss schnell in die Realität zurückkehren, mein Handy weckt mich um 7 Uhr. Ich laufe ins Badezimmer. Ich wasche mir das Gesicht, putze mir die Zähne, tue ich mein Handy nach links und rechts. Ich lasse es am Rande des Waschbeckens liegen, dann lege ich es auf die Taschentücher Box, danach auf den Spülkasten der Toilette.

Während ich meine Strumpfhose suche, höre ich ein komisches Geräusch. Es klingt ähnlich, als ob ein Kind einen großen Stein in den See werfen würde. Ich laufe verzweifelt ins Badezimmer. Mein Handy, meine einzige Verbindung zu meinen geliebten Menschen, schwimmt gemütlich im Toilettenwasser. Sofort beginne ich zu schwitzen, ich höre meinen Herzschlag in meinen Ohren und schnappe nach Luft.

Ich ziehe mein Handy aus dem Wasser. Einen Tag lang lasse ich es trocknen und hole tief Atem, als ich versuche, es einzuschalten. Es reagiert nicht. Mein Handy ist tot und mein nächster freier Tag ist in zehn Tagen. Mehr als eine Woche ohne Nachrichten, ohne Freunde, ohne witzige Geschichten. Ich bleibe alleine zurück. Die Berge drücken mich zusammen. Ich bin in einem Gefängnis, in dem die Kühe die Gefängniswärter sind. Sie schauen manchmal nach, ob ich noch lebe und dann verschwinden sie in der Ferne. Eine Weile lang höre ich noch die Glocken läuten, dann nehme ich die Grabesstille wieder um mich herum wahr.

Nach 75 Tagen stehe ich mit meinem Koffer auf der Straße. Ich schaue auf mein neues Handy. Es ist 12:28. In zwei Minuten kommt mein Bus und fährt mich zum Bahnhof. Ich werfe einen Blick auf das kleine Hotel, dann richte ich meine Augen zu den Bergen. Das ist das letzte Mal, dass ich das Dorf sehe.

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Foto: www.pixabay.com

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